Island: die beste Fotosession meines Lebens

Wer mir bei Instagram folgt, hat im Juni vermutlich schon die ein oder andere „Live-Story“ darüber gesehen: heute geht es um die Nacht vom 25. auf den 26. Juni 2019, in der Christina und ich auf Island Zeugen eines wirklich episch anmutenden Nacht-Himmels wurden. Daher widme ich dieser Nacht auch einen eigenen Blogbeitrag.

Der Abend ging schon gut los. Nachdem wir uns wieder nachmittags für die nächtliche Fotosession ausgeruht hatten, fuhren wir nach einem guten Abendessen im „Hali Country“ gegen 20.00 Uhr zur Gletscherlagune, an der wir bereits am Vortag angekommen waren.

Die Wettervorhersage war für die Landschaftsfotografie eher schlecht: es war nicht eine Wolke angesagt. Nun gut, da wir auch große Teleobjektive dabei hatten, planten wir das schöne Licht zu nutzen und zu den Robben einer Sandbank zu fahren, an der sie sich bereits am Vortag tummelten. Die Session machte richtig Spaß und die Robben fühlten sich gleichermaßen in der Sonne wohl, wie wir.

(B1782)
(B1782)

Schon während dieser Fotosession bildeten sich am eigentlich wolkenlosen Himmel ganz dünne Schleier und später sogar dünne Wolkenbänder:

Doch mit Blick auf die Vorhersagen war ich mir sicher, dass diese sich -ähnlich wie Thermikwolken- mit Verschwinden der Sonne auflösen. Taten sie aber nicht… ich bin ein lausiger Meteorologe!

Diese Wolkenbänder färbten sich allmählich und begannen einen schönen Fluchtpunkt zu bilden. Etwa um 22.00 Uhr (gut anderthalb Stunden vor Sonnenuntergang) entschieden wir daher, die schönen Wolken am gegenüberliegenden Eisstrand einzufangen und auf Landschaftsfotografie zu switchen.

Eine gute Entscheidung: was folgte, war ein fünfstündiges Spektakel am Himmel. Und zwar in exakt jede Himmelsrichtung, 360°. Grob gesagt zündete dieses „Feuerwerk“ in fünf Phasen 😉

Phase 1: „Das Warm Up“

Zwischen 22.00 und 23.00 Uhr wurden die Wolkenbänder immer dichter und gewannen stetig an Farbe. Zu Beginn war die Szenerie noch durch die Sonne angestrahlt:

Im Laufe dieser Stunde nahm die Landschaft ein immer wärmeres, gelbliches Licht an:

(B1779)
(B1779)

Dann wich diese Färbung mehr und mehr den Magenta-Tönen:

(B1778)
(B1778)

Die Farbkontraste vor Ort waren in diese Richtung (nach Süd-Osten, also „ablandig“) faszinierend anzuschauen.

(B1777)
(B1777)

Phase 2: „Lenticu-was?“

Ab etwa 23.00 Uhr formte sich immer deutlicher das Highlight dieser Nacht: eine riesige „Lenticularis“-Wolke. Diese Wolken können bei starkem Wind über hohen Gebirgen an einer Stelle stehen; die Luft strömt einfach durch sie hindurch. Zunächst war diese Wolke sehr schmal mit einer dezenten Färbung, die aber schon faszinierend aussah:

(B1776)
(B1776)

Ich hatte mir immer gewünscht, diese Wolkenform einmal sehen zu können. Dass es dann gleich eine so schöne Form ist, hätte ich nicht zu träumen gewagt. Trotz des Sturms in der gesamten Umgebung (komischerweise nicht im Umkreis dieses Strandes) hing sie fast wie festgenagelt über dem hellen Nachthimmel und änderte nur Form und Farbe, nicht aber die Position.

(B1775)
(B1775)

Auch Christina war absolut fasziniert vom Himmelspektakel 😉

(B1774)
(B1774)

Ein gutes Bild dieser Szenerie umzusetzen war recht schwer, da die Wolke nicht Richtung Meer (Südosten), sondern schräg Richtung Land (nach Westen) ausgerichtet war.

Zudem lagen diesmal extrem wenig Eisblöcke am Strand. So wenig Eis habe ich in den insgesamt 16 Tagen, die ich insgesamt bereits in den letzten vier Jahren an diesem Strand verbracht habe, noch nie gesehen. Am Morgen zuvor suchten wir uns sogar einen Ausweichspot, da überhaupt kein Eis am Strand lag! Das geht also auch. In der Nacht gab es kleinere Eisblöcke auf einer Länge von gerade mal 200 Meter. Um also das Meer samt Wellen mit dieser Wolke abzulichten, musste man mit dem Rücken zum Meer stehen und sich in der Brandungszone hinter die Eisblöcke stellen. Das machte „überraschenderweise“ niemand in der Primetime - ein Irrer fand sich allerdings. Rate mal 😉

Die Session war daher sehr mühsam. Große Welle abwarten, hinter die Eisblöcke rennen, Stativ in den Sand hauen, ausrichten, auslösen, wieder wegrennen – und das immer wieder. Nach Aufstellen des Stativs und vor Anrollen der nächsten großen Welle lagen in etwa 5-20 Sekunden, bevor ich mich schnell wieder in Sicherheit bringen musste. Doch da der Eisstrand mein Lieblingsmotiv ist und die anderen Fotografen bereits die Binnenseite der Lagune belagerten, war es mir diese Umstände wert.

Am heftigsten war die Struktur dieser Wolke um circa 0.00 Uhr. Davon habe ich einige Szenen umsetzen können und habe euch das folgende Bild ausgesucht – es war einfach imposant! Christina stand neben mir, sah diese Wolke und kommentierte nur trocken „Dracarys“ 😉

Phase 3: Die Mitte der Nacht

Als gegen 0.20 Uhr die Farbintensität Richtung Westen zurück ging, entschieden wir zur Gletscherlagune zu wechseln, wo wir den immer noch leuchtenden Nordhimmel ablichten wollten. Hier strahlten die Wolken ringförmig, wie klassischen Fönwolken. Ein Prachthimmel!

Ich habe mich allerdings mit der Vordergrundgestaltung sehr schwer getan und am Ende hat mich nur die folgende Szene überzeugt – daher gibt es aus dieser Phase nur ein Beweisfoto 😉, wofür ich ziemlich tief im Eiswasser stand (die Gummistiefel waren ja ohnehin schon vom Eisstrand vollgelaufen…).

(B1770)
(B1770)

Gegen 1.00 Uhr schien auch dieser Himmelsteil abzuflauen und nach den vielen Stunden intensiver Fotografie brauchten wir eine Pause. Also ab ins Hotel. Der Plan war, gegen 2.00 Uhr wieder zum Strand zu fahren, wo gegen 2.30 Uhr die Sonne aufgehen sollte.

Kaum im Hotel angekommen (knapp 15 Minuten Fahrzeit) schauten wir jedoch aus dem Fenster und der Himmel war schon wieder bunt. Also, Pause gestrichen, Drinks und Stulle eingepackt und ab zum Strand…

Phase 4: „Glaubt mir eh keiner 😉“

Am Strand angekommen zeigten sich jetzt extreme Lila-Magenta-Töne Richtung Südosten, wie ich sie noch nie gesehen hatte. ABGEFAHREN ohne Ende. #nofilter.

(B1769)
(B1769)

Man wusste gar nicht so recht, auf welche Himmelsrichtung man sich nun konzentrieren sollte.

(B1767b)
(B1767b)

Das Lila ging kurzzeitig zurück, die Farben waren nach wie vor bemerkenswert…

(B1768)
(B1768)

Phase 5: „Zum Sonnenaufgang“

Es wurde nun stetig heller und Richtung Westen wirkte es derweil so, als sei die riesige Lenticulariswolke in die Länge gezogen worden. Trotz der Helligkeit intensivierte die aufgehende Sonne noch einmal die Farbe auf dieser Wolke.

(B1767)
(B1767)

Ein Blick nach links, Richtung Nordosten, zeigte ebenfalls noch kleinere Lenticulariswolken, die ebenso schön anzuschauen waren:

(B1766)
(B1766)

Nach Sonnenaufgang, etwa kurz vor 3 Uhr, leuchteten die ersten Sonnenstrahlen die sehr hochgelegenen Wolkenschichten in einem heftigen Orangeton an – auch diese Intensität habe ich so noch nicht zuvor gesehen. Mit diesen beiden letzten Bildern möchte ich einen Eindruck von diesen Bedingungen vermitteln.

Es ging langsam los, aber achte schonmal auf die wunderbare Farbmischung:

(B1764b)
(B1764b)

Und mit meinem letzten Bild möchte ich euch dieses faszinierende furiose Finale zeigen.

(B1764)
(B1764)

Nach 3.15 Uhr wurde die Wolken dann langsam immer weißer und wir beendeten diese unfassbare Fotosession. Gegen 4 Uhr kamen wir ins Hotel und schliefen mit einem breiten Lächeln ein.


Ob diese Serie auch meine beste Serie ist, sei dahingestellt - das wäre auch ein unfairer Vergleich, da andere Serien dieses Blogs Bilder aus 10-20 Fotosessions/Tagen beinhalten. Aber es war ohne Zweifel die beste und beeindruckendste einzelne Fotosession unseres Lebens.

 

Alle Farben und Formen dieser Nacht konnten wir gar nicht einfangen, da man sich immer wieder für eine längere Zeit auf bestimmte Himmelsrichtungen festlegen musste, um harmonische Vordergründe zu finden und zu gestalten. Vor allem hätte ich gerne noch Bilder mit mehr Brennweite gemacht, ein paar Details eingefangen, Videos gedreht etc., aber man kann nicht alles haben 😉

Ich hoffe, dass dir die Bilder einen ungefähren Eindruck von dem vermitteln, was wir in dieser besonderen Nacht erleben durften.

Mit besten Grüßen,

Thomas