Heute möchte ich euch einen Artikel zeigen, den ich bereits im Dezember verfasst habe. Wie in meinem Guide „Was macht ein gutes Naturfoto aus“ bereits beschrieben, möchte ich dieses Jahr ab und zu weitere Fragen beantworten, die mir regelmäßig gestellt werden. Die heutige lautet „Wie plane ich am besten einen Foto-Trip oder eine Foto-Reise?“
Ich werde "meine" 10 wesentlichen Schritte zu erläutern – diese klingen im Einzelnen sehr trivial, es ist auch tatsächlich keine Raketenwissenschaft. Trotzdem kann bei der Anwendung der einzelnen Schritte schon einiges verkehrt laufen, daher versuche ich jeweils einen Hinweis zu geben, worauf man insbesondere achten sollte.
Dabei versuche ich den Spagat zu bewältigen, dass grundsätzlich alle 10 Schritte zu allen Genre der Naturfotografie passen. Ich kann aber vorweg nehmen: das ist nur eingeschränkt der Fall. Daher konzentriere ich mich heute im Beispiel auf einen Tagestrip oder eine Reise in ein unbekanntes Gebiet mit dem primären Ziel der Landschaftsfotografie. Am Ende des Artikels gehe ich noch darauf ein, inwiefern sich davon z.B. die Tier- und Pflanzenfotografie bei der Recherche unterscheidet.
Hier zunächst die 10 Schritte im Überblick. Sie gelten für einen Tagestrip genau so wie für eine Reise.
Beim „Umsetzen“, also den Schritten 9 und 10, beschreibe ich heute nur die planerischen Aspekte. Mir ist bewusst, dass bei diesen beiden Schritten natürlich für ein gutes Bild auch die fotografischen Aspekte entscheidend sind – viele Tips dazu gibt es in meinem oben genannten Guide.
Und jetzt geht`s auch schon los 😉
1 Quo vadis? Inspiration finden
Für mich ein wegweisender Schritt – wenn die grobe Richtung zu Beginn schon nicht ideal ist, dann kann ich in den Folgeschritten vieles richtig machen und doch stellen mich die Bilder im Nachgang
nicht 100% zufrieden. In diesem Punkt geht es praktisch darum herauszufinden, was die eigenen Vorlieben sind und welches fotografische Vorhaben man daraus ableitet.
Aber wo und wie kann ich mich inspirieren lassen? Ich persönlich habe dabei vor allem 4 Quellen:
1.Bildbände großer naturfotografischer oder landschaftsfotografischer Wettbewerbe
Gute Bildbände gibt es z.B. vom „Europäischen Naturfotografen des Jahres“, „Montphoto“, „Landscape photographer of the year“, uvm. Diese Bildbände haben ein paar Vorteile gegenüber Bildern aus anderen Quellen: erstens sind die meisten Bilder darin verdammt gut, zweitens beinhalten sie Informationen zur Entstehung des Bildes, auch zum Ort.
2.Blogs guter Naturfotografen
Viele gute Naturfotografen haben eine eigene Website und schildern aus ihren aktuellen Projekten im „BLOG“ – dabei gehen sie häufig auch auf die Anreise bzw. den Ort ein. Ich habe gut 20 solcher Blogs in meinen Favoriten und stöbere regelmäßig darin. Ich möchte hier nicht einzelne Namen nennen, da ich eventuell nicht genannten Kollegen nicht vor den Kopf stoßen möchte 😉. Zwei dieser Fotografen kommen aber gleich noch zur Sprache, und in Kürze wird es von mir eine umfangreichere Liste dazu in meinem Blog geben.
3.Internet-Foren
Konkret bin ich vor allem im „Naturfotografen-Forum“ aktiv, manche auch im „DSLR-Forum“ oder auf ähnlichen Boards. Auch dort werden regelmäßig inspirierende Bilder gezeigt und in vielen Fällen auch Orte genannt. Diese Foren bieten auch eine gute Gelegenheit sich zu vernetzen, womit man auch immer wieder im Austausch an gute Tipps gelangt.
4.Soziale Medien
Hier nutze ich zur Zeit ausschließlich Instagram, aber das reicht eigentlich auch. Denn im Gegensatz zu den ersten drei Quellen, würde ich die Welt hier als „Bilderflut“ bezeichnen. Auch wenn Instagram in meinen Augen die Fotografie, vor allem die authentische Naturfotografie, negativ beeinflusst (wobei, es sind eher einige User als die Plattform…). Dennoch werden auch hier immer wieder faszinierende Bilder gezeigt, teilweise auch mit Ortsnennung.
Doch was heißt denn nun „inspirierend“?
Hierbei geht es um Himmels Willen nicht darum, Motive oder Perspektiven nachzufotografieren. Es geht mir darum, bestimmte Bildelemente zu finden, die eine Faszination auf mich ausüben. Und schließlich zu erkennen, welche Bildelemente mich persönlich ansprechen.
Ich möchte zwei Beispiele aus 2020 Jahr aufgreifen. An dieser Stelle vielen Dank an die Naturfotografen Holger Dörnhoff und Markus Lenzen, die mir für diesen Abschnitt jeweils ein Bild zur Verfügung gestellt haben.
Beispiel 1: im Spätsommer hatte ich die Gelegenheit, über ein verlängertes Wochenende einen Fototrip zu absolvieren. Schwerpunkt sollte die Tierfotografie sein. Ich hatte mehrere Themen/Motive zur Auswahl, schlussendlich schwankte ich zwischen den Diepholzer Mooren (Vogel- und Moorfotografie) und den Vogesen (Gams- und Waldfotografie). Nun hatte ich in der Vergangenheit einige inspirierende Bilder zu beiden Themen gesammelt und schaute mir sie nochmal genau an. Übrigens, wie ich diese sammle, darauf gehe ich gleich noch genauer ein.
Ich entschied mich für die Gamsfotografie in den Vogesen. Aber nicht wegen der Gämse. Sondern wegen der Vielfalt der Motive in den Vogesen. Die Vielseitigkeit eines Gebietes ist zum Beispiel bei wechselndem Wetter von starkem Vorteil. Dabei inspirierten mich Bilder, auf denen Details der Wälder zu sehen waren, die ich in dieser Ausprägung von den mir bekannten Wäldern nicht kannte. Unter anderem zu sehen auf diesem wunderbaren Bild von Holger:
Wenn man die Waldfotografie mag, dann kann man hier eigentlich nur ins Schwärmen kommen. Die Verbreitung der Moose und die Anzahl der Flechten sind schon enorm, der ursprüngliche Charakter der Bäume und Steine ebenso. Nun hatte ich auf Holgers Website gelesen, dass es in den Vogesen entstand.
Das verleitete mich dazu, mal näher zu recherchieren und wenn man sich beispielsweise den Wikipedia-Eintrag der Vogesen durchliest, merkt man schnell, dass die genannten Bildelemente, selbst der Nebel, kein Zufälle sind: es sind einfach extrem feuchte Wälder.
Tatsächlich klappte es sogar, trotz des kurzen Zeitraumes. Nachdem ich mich 2 Tage den Gämsen widmete, waren die Bedingungen am 3.Tag mit dichtem Nebel perfekt für die Waldfotografie. Dabei entstand meine Vogesen-Wälder-Serie. an einem einzigen Tag, genauer gesagt einem Vormittag Mein persönliches Lieblingsbild aus der Serie war dieses:
…und ist ein gutes Beispiel dafür: die genannten Bildelemente sind hier alle zu sehen. Doch die Umsetzung ist gar nicht zu vergleichen, es sind zwei völlig unterschiedliche Bilder und die Fotospots lag auch vermutlich noch ein paar km voneinander entfernt; dennoch ging der Plan voll auf.
Beispiel 2: Ich wollte seit Längerem einen großen Bärlauchwald fotografieren. Kurz vor der „Bärlauch-Saison“ habe ich mir nochmal meine gespeicherten Bilder dazu angesehen und erinnerte mich vor allem an ein paar sehr schöne Szenen von Markus, die er in der Vulkaneifel umsetzen konnte. Dieses schöne Bild ist ein Beispiel dafür:
Was für ein herrlicher Wald! Nachdem ich in den Vorjahren mehrfach andere Bärlauchwälder besucht hatte, war die „Vulkaneifel“ genau der richtige Impuls – hier bin ich endlich fündig geworden. Und auch hier wieder: weder die Perspektiven noch der exakte Ort wurden „nachfotografiert“, siehe z.B. meine Version:
Das Gebiet, auf das ich mich fotografisch fokussiert hatte, lag eine knappe Stunde Fußmarsch entfernt von Markus Stelle, daher sehen meine Bilder auch wiederum anders aus, siehe auch die komplette Bärlauchwald-Serie. Die Vulkaneifel aufzusuchen brachte aber tatsächlich den Erfolg.
Ich glaube der Punkt sollte nun klar sein, was mit „Inspiration“ gemeint war. Diese muss auch gar nicht von solch guten Fotografen wie Holger und Markus kommen – manchmal sind es auch einfache Handyshots von „Spaziergängern“, die auf den sozialen Medien den Ort teilen. Solche entscheidenden „Bildelemente“ kann man auch an solchen Bildern erkennen und mitunter Erkenntnisse ableiten.
Übrigens bezieht sich Inspiration natürlich nicht nur auf den Ort, sondern auch auf Perspektiven, Bildstile etc. Eines der Gewinnerbilder des ENJ 2020 inspirierte mich einfach mal wieder dazu, die Landschaftsfotografie auch mal wieder bei Sturm auszuüben (normalerweise vermeide ich dabei starken Wind).
Doch in diesem Artikel geht es insbesondere um die Spots, daher belasse ich es bei dieser Beschreibung. Ich möchte nur anmerken, dass man sich noch von vielen andere Aspekten eines Bildes inspirieren lassen kann.
Wie „verwerte“ ich aber jetzt solche inspirierenden Bilder? Genau Das folgt bei Schritt 2.
2 Sammeln und kategorisieren
Nun habe ich also Inspirationen gefunden, doch was mache ich jetzt damit? Ganz einfach, erst einmal sammeln! Ich mache das, indem ich mir von diesen Bildern, wenn vorhanden auch mit Text/Ortsangabe, einen Screenshot mache. Oder sie ganz einfach abfotografiere. Beides natürlich nur für eigene Zwecke (Copyright!).
Dieser Prozess hört auch nicht auf. Ich sammle fortlaufend Ideen in dieser Form. Etwa wöchentlich gehe ich den Ordner mit den Screenshots durch: Ähnliche Bilder lösche ich, und den Rest verteile ich auf Ordner. Manche Ordner beinhalten große Gebiete (z.B. „Island“ oder „Algarve“), manche eher mittelgroße Gebiete (etwa „Sauerland“ oder „Berchtesgaden“) und andere schon beinahe konkrete Fotospots (z.B. „Westruper Heide“ oder „Geopark Baskenland“).
Je nachdem um was es bei der Planung geht – ein Wochenendtrip, einen Tagesaufflug oder eine Reise- schaue ich nun regelmäßig in die in Frage kommenden Ordner ob ein geeignetes nächstens Thema dabei ist. Im Folgenden ein Beispiel, wie das aussehen kann (ich musste aus rechtlichen Gründen teils meine eigenen Bilder nehmen):
Wie man sieht, ist es „roh“ erstmal eine lose Sammlung von Texten, Bildern mit Über- und Unterschriften, teils auch mit eigenen Notizen etc.
Für unser Beispiel wäge ich ab, welcher „Ordner“/welches Gebiet nun am interessantesten ist, der Schritt folgt jetzt im Detail.
3 Entscheidung treffen
Jetzt benötige ich für meine Erläuterungen ein konkretes Szenario: wir nehmen für die folgenden Schritte mal die Planung einer 2wöchigen Reise, deren Zeitraum aus terminlichen Gründen in der ersten April-Hälfte stattfinden müsste. Hierzu suche ich ein passendes Reise- und Fotoziel.
Nun gehe ich natürlich nicht die Ordner durch und überlege mir jeweils, ob sich ein Gebiet für einen 2 wöchige Reise eignet. Ich fange einfach damit an, welches Gebiet/Land/wieauchimmer die interessantesten Highlights beinhaltet, mal alle anderen Faktoren hinsichtlich Machbarkeit außen vorgelassen.
Nehmen wir an, ich komme im Beispiel auf die Algarve. Dann schaue ich, ob sich dieser Ort für die Fotoreise eignet. Dabei spielt folgende Frage die ausschlaggebende Rolle: Ist es der beste (oder mindestens ein geeigneter) Zeitpunkt für die avisierten Bildelemente? Im Falle der Algarve kann ich schonmal feststellen,
- dass der April ein super Reisemonat für dieses Ziel ist, in Sachen Klima und Vegetation (Juni-September und November empfinde ich zum Beispiel als nicht optimal)
- da Nachtfotografie nicht im Fokus steht, ist mir der genaue Mondstand zu der Reisezeit egal, das wäre z.B. bei einer März-Reise auf die Lofoten anders (Stichwort Nordlichter)
- da die Meeresfotografie im Fokus steht, stellt sich allerdings noch die Frage, ob bei einigen Motiven unbedingt Ebbe zu den präferierten Fotozeiten herrschen muss und ob diese beim Reisezeitraum überhaupt gegeben ist – das lässt sich erst nach der genauen Spotrecherche in Schritt 4/5 sagen, deshalb behalten wir diesen Punkt nochmal für später in Erinnerung
Somit kann ich sagen: bisher spricht nichts gegen die Algarve. Wenn das der Fall wäre, würde ich mir den „zweitplatzierten Ordner“ schnappen usw – aber das scheint bis hierhin nicht nötig und ich freue mich auf solche Seascapes…
4 Google-Recherche in 3 Schritten
Die beiden nächsten Schritte sind etwas Fleißarbeit, das kann ich schonmal sagen. Mit ein wenig Übung geht das aber recht schnell. Leider muss ich aufgrund von Urheberrechten in diesen Kapiteln mal ohne Bebilderung/Screenshots auskommen, da sie entweder bei Google oder dessen Dienstleister liegen.
Ziel dieses Punktes ist es, an konkrete Spots zu gelangen. Bevor ich nun speziellere Portale nutze (das thematisiere ich in Schritt 6), gibt es eine ganz einfache Google-Recherche in drei Schritten
- Ich suche auf Deutsch und/oder Englisch nach Spots über offensichtliche Suchbegriffe, also etwa „Fotospots Algarve“, „Landschaftsfotografie Algarve“, „landscape photography Algarve“, „photo locations Algarve“ und so weiter. Hier schaue ich mir jeweils die oberen maximal 15 Ergebnisse an. Spätestens nach dem 6.Suchbegriff trifft man in der Regel immer wieder auf die gleichen Spots. Im Falle der Algarve wären das circa 25 interessant klingende Naturlandschafts-Orte (städtische Highlights mal außen vor).
- Diese -potenziell interessanten- Spots gebe ich parallel (in einem zweiten Explorer) direkt in der Google Bildersuche ein, um mir einen genaueren Eindruck des Ortes zu verschaffen – aufgrund der heutigen Bilderflut kommt man hierzu fast immer zu einem Ergebnis, ob der Ort einen Besuch wert ist. Dadurch ergibt sich in unserem Beispiel nochmal ein Abrieb und es bleiben circa 15 übrig
- Im letzten Schritt speichere ich sie in Google Maps unter meinen markierten Orten ab
5 Kartenrecherche
Nach dem letzten Schritt habe ich ja in Google Maps am Küstenverlauf der Algarve circa 15 Markierungen.
- Jetzt schaue ich mir die beiden „äußeren“ Punkte an, die am weitesten voneinander entfernt liegen. Zwischen diesen beiden ziehe ich eine imaginäre Linie entlang der Küste
- An der Algarve wird der nördlichste Punkt in etwa Praia de Odeceixe sein (streng genommen liegt das schon leicht außerhalb der Algarve) und die Linie endet zum Beispiel im Südosten bei
Albufeira oder Faro
- Ich zoome also ab Paraia de Odeceixe hinein und klappere nun alle Strände und Buchten der Reihe nach ab, Richtung Süden, dann über den Zipfel bei Sagres und schließlich Richtung Osten nach
Albufeira. Ich schaue dabei immer auch ein paar (akzeptable) Kilometer ins Landesinnere und checke ebenfalls die Nationalparks, das sind in der Regel nicht viele
- Dabei sehe ich sicherlich 50-70 potenzieller Spots, von denen ich ja einige schon in Schritt 4 kennen gelernt habe: hierzu schaue ich wieder parallel in der Google Bildersuche, ob die einzelnen Strände und Buchten interessant sind. Häufig erkennt man das schon an der Satellitenansicht
Hinweis: dieser Punkt ist sicherlich anspruchsvoll und je mehr Erfahrung ihr habt, desto besser könnt ihr die Satellitenansicht „lesen“. Vor allem verraten diese Bilder auch den ein oder anderen Spot, für den es keinen Namen gibt. Vermutlich gehe ich mal in einem separaten Blogeintrag in diesem Jahr darauf ein.
- Abschließend erfolgt das Gleiche wie bei Punkt 4: wenn mir ein Spot zusagt und ich diesen nicht schon bei Schritt 4 identifiziert habe, speichere ich ihn in Maps unter den markierten Orten. Erfahrungsgemäß finde ich hier nochmal eine Handvoll interessanter Spots, teilweise auch Spots die in keinem „Guide“ auftauchen. In unserem Beispiel ist die Liste wieder nun von 15 auf sagen wir 22 angewachsen. Vor allem aber habe ich das Gebiet deutlich besser kennen gelernt, das Wissen brauche ich später noch.
6 Check nach Vollständigkeit
Bevor ich mich nun mit der idealen Lage meiner Unterkunft auseinandersetze, sollte ich noch sicher gehen, dass ich kein Highlight übersehen habe.
Für diesen „Check“ kann man unterschiedlichste Portale und Spot-Datenbanken im Netz nutzen. Das habe ich in den letzten Jahren immer wieder getan und kann sagen, dass mich das im Vergleich zu der „manuellen“ Spotsuche in den Schritten 4 und 5 nicht weitergebracht hat.
Eine bekannte Vorgehensweise ist z.B. die Spotdatenbank auf „flickr“. Hier kann man auch eine Karte wie Maps durchgehen, mit dem Vorteil, dass ein Klick auf den jeweiligen Ort direkt relevante Bilder von Usern mit exaktem Standort zeigt. Das ist am Ende zwar einfacher und macht die Sache schneller. Leider ist es meiner Erfahrung nach etwas lücken-behaftet und ersetzt die beiden vorhergehenden Schritte nicht.
Somit war es zuletzt eher Doppelarbeit und damit habe ich mir das seither erspart. Aber wer weiß, mit Wachstum der User dieser Plattformen, reduzieren sich mit Sicherheit bald auch solche Lücken, und dann wären diese wirklich vorteilhaft.
Last but not least: wenn ich über ein gewisses „Netzwerk“ verfüge, macht es natürlich auch Sinn, abschließend nochmal mit einem erfahrenen Fotografen zu sprechen, der dieses Gebiet bereits kennen gelernt hat, so habe ich es beispielsweise im Falle der Vogesen getan. Das würde ich auch nicht tun, bevor ich mich schon entsprechend damit auseinander gesetzt habe, daher auch erst in Schritt 6.
7 Priorisieren
Für den kommenden Schritt 8 benötige ich nun als Vorbereitung eine Priorisierung der Spots, ich erläutere gleich auch warum genau. Bei der Priorisierung ( in diesem Bsp. der mittlerweile 22 Spots) stelle ich vor allem 2 Kriterien in den Vordergrund:
- Vielseitigkeit: Ist der Spot nur in eine Himmelsrichtung interessant oder gar in mehrere? Ist der Spot nur bei bestimmten Wetterlagen interessant oder gar bei mehreren? Hat der Spot nur ein
Motiv oder gar mehrere? Ist die Varianz der möglichen Perspektiven eher hoch oder niedrig? Ist der Küstenverlauf gerade oder ziemlich verwinkelt?
- Besonderheit: ist das mein „Traumspot“ oder eher einer von vielen Guten? Sind die zu erwartenden Motive eher bekannt oder sogar sehr selten? Entsprechen die Motive meinen Stärken bzw. meinem individuellen fotografischen Stil?
Da es im Prinzip nur 2 Kriterien sind, kann man diese z.B. mit Hilfe einer „4-Felder-Matrix“ ordnen, die sähe dann so aus:
Manch einer wird vielleicht denken, dass die „besonderen“ Prio Spots oben links den „vielseitigen“ unten rechts vorzuziehen sind, doch das ist nicht unbedingt der Fall. Meiner Erfahrung nach kam ich häufiger von Spots mit einer hohen Vielseitigkeit mit einer guten Ausbeute zurück, als von potenziell „besonderen“ Spots.
Das mag aber auch daran liegen, dass man auf Reisen nicht unendlich viele Versuche hat wie bei Nahe gelegenen Spots und das Wetter zum Spot passen muss. Im Umland meiner Heimat würde ich zum Beispiel die Besonderheit höher priorisieren, da ich diese Spots/Motive ganz kurzfristig nach den exakt passenden Wetterbedingungen anfahren kann.
Durch die vorhergehende Recherche jedes einzelnen Spots kann ich nun die 22 Spots auf der Skala einordnen, dann sieht das Bild beispielsweise so aus:
In der Praxis natürlich nicht immer so trennscharf, aber eine solche Einordung kann auf jeden Fall bei der Priorisierung helfen.
Achtung! Nach der Priorisierung kenne ich jetzt die TOP-Spots besser und kann auch einen Punkt aus Schritt 3 nochmal aufgreifen: nun habe ich nämlich ein Gefühl dafür, ob ich unbedingt einen bestimmten Tidenstand benötige oder aber einen gewissen Sonnenstand, den es zu dieser Jahreszeit evtl. gar nicht gibt.
So kann es tatsächlich passieren, dass ich an diesem Punkt der Feinplanung noch aussteigen muss, weil ich ein bestimmtes „Ausschlusskriterium“ für mein fotografisches Vorhaben feststelle.
Am Beispiel „Algarve im April“ ist aber soweit alles klar und es kann weiter gehen.
8 Ausgangspunkt festlegen
Im Prinzip ist es nach dem „finalen Check“ so, dass ich jetzt den idealen Ausgangspunkt definieren kann, praktisch erstmal mit dem „Zirkel“. Anschließend suche ich mir eine nahe gelegene Unterkunft, meist bei booking.com
Fangen wir mit der Frage an, mit wieviel Stationen/Unterkünften ich für X Spots (hier: 22) rechnen muss? Mmh, das ist natürlich eine extrem individuelle Entscheidung, die auch immer mit dem Transportmittel, dem Reisepartner und anderen persönlichen Präferenzen zu tun hat.
Christina und ich haben die Faustformel, dass man von allen Spots aus die Unterkunft in maximal 30-45 Minuten erreichen können sollte. An der Algarve liegt diese Toleranz übrigens aus heutiger Erfahrung ein wenig höher, das kann man bei der ursprünglichen Planung aber erstmal nicht wissen.
So kann man dann eine Zahl von zum Beispiel 22 Spots für sich „zurecht schneiden“, je nachdem ob ich bereit bin morgens 20, 40 oder 60 Minuten zum Spot zu fahren. In unserem Beispiel lege ich fest: man benötigt zwischen einer und zwei Unterkünften für die 22 Spots.
Zur idealen Lage habe ich einen Tip: auf der folgenden Skizze sieht man ein Beispiel aus Nordspanien (wir verlassen mal kurz die Algarve). Die obere Hälfte zeigt das Meer, die untere das Land mit einem Fluss und einem See. Nehmen wir an, ich habe 6 Spots recherchiert und markiert:
In den ersten Jahren habe ich dann ziemlich schnell „in der Mitte“ bzw dort wo die meisten Spots liegen, eine Unterkunft gebucht, also etwa hier, bei „H“:
Darüber habe ich mich mehrfach sehr geärgert. Denn manchmal ist schon nach Tag 1-2 klar: eigentlich ist der vom Hotel am weitesten entfernte Spot der mit Abstand beste und vielseitigste 🤨 und zu solchen Spots fahre ich dann natürlich mehrfach.
In diesem Beispiel hatten wir die Spots 2,3 und 4 allesamt auf einer Mittags-Tour abgeklappert und gesehen, dass sie schön sind, aber zu der Jahreszeit nicht unbedingt sehr fotogen. Außerdem waren sie nicht gerade vielseitig.
Einige Faktoren lassen sich natürlich erst vor Ort feststellen, aber gerade hinsichtlich der Vielseitigkeit lässt sich das meist schon durch eine genaue Google-Recherche herausfinden, daher auch die Priorisierung im vorhergehenden Schritt.
Am vorliegenden Beispiel hätte ich damals die Spots 1 und 6 priorisieren sollen. Dann hätte ich auch das Hotel in etwa hierhin verlegt, wie wir es auch bei einer zweiten Reise getan haben:
Denn die "Top"-Spots fahre ich natürlich mehrfach an (wir persönlich mögen auf Reisen diesen Spot-Abklapper-Modus gar nicht).
Zurück zu unserer Algarve-Planung: ich berücksichtige nun die Priorisierung bei der Wahl des Standortes und buche schließlich. Jetzt bereite ich mich auf die eigentliche Umsetzung vor, denn auch vor Ort bedarf es noch ein wenig an Planung.
9 Die Erstbegehung
Wir spulen also gedanklich ein paar Wochen oder Monate vor; es ist April und wir sind in Faro gelandet, ein paar km gefahren und haben irgendwo am südlichsten Zipfel bei Sagres eingechecked.
Ich habe ja meine „markierten Orte“ in petto und kann eigentlich auch los legen. Natürlich beginne ich mit den Prio-1-Top-Spots. Mein Tip: mach das ganz in Ruhe, entweder in komfortabler Vorlaufzeit zur eigentlichen Fotosession oder aber mitten am Tag, außerhalb der guten Fotozeiten - gerne auch ohne Kamera, bei einem schönen Spaziergang, die Fotosessions sind anstrengend genug.
An der Algarve geht Mitte April z.B. um ca 7.00 die Sonne auf und um 20.00 unter. Bis 9.30 Uhr und ab 17.30 Uhr würde ich für die Fotosession vorsehen, dazwischen ist genug Zeit für Entspannung, ein gutes Frühstück, und Zeit für solche Erkundungsgänge.
Auf was achte ich dabei? Erst vor Ort lassen sich ganz spezifische Dinge erkennen:
- Wo ist ein guter Parkplatz und Ausgangspunkt? (das lässt sich nicht immer auf den Karten erkennen)
- Wo sind die interessantesten Felsstrukturen zur Vordergrundgestaltung?
- Gibt es zu berücksichtigende Störelemente?
- Mit welchen Brennweiten arbeite ich voraussichtlich?
- Wie ist der Tidenstand bei Besichtigung und wie werden die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Session sein?
- Welche Standpunkte und Perspektiven sind möglich?
Diese Punkte brauchen Zeit und wenn ich das erst zur eigentlichen Session schaffe, ist es häufig schon zu spät, was zu suboptimalen Perspektiven und einer geringeren Ausbeute führt.
Übrigens, wenn es nicht gerade um eine Reise an die Algarve geht, sondern um die Planung von Tagesausflügen in der näheren Umgebung, gibt es hier eine Besonderheit: dann kann zwischen der „Erstbegehung“ und der "finalen Session" einige Zeit liegen. Hier ein aktuelles Beispiel:
Anfang Dezember habe ich diesen schönen Baum bei einer „Erstbegehung“ einer Route entdeckt und mich schonmal mit möglichen Perspektiven auseinander gesetzt. Dieses Handyfoto ist dabei entstanden:
Der Baum gefällt mir sehr gut. Die Bedingungen hingegen waren wirklich schlecht. Ich brauche auf jeden Fall dichten Nebel, um die dunkleren Kiefern rechts und links in ihrer Wirkung etwas abzuschwächenn und den Baum zu betonen, Frost oder Schnee wären auch ganz gut.
Anders als auf einer fernen Reise kann ich dieses Motiv nach Wetterlage aufsuchen; ich hoffe zwischen Januar und März sind mal solche Bedingungen dabei. (Nebel hatte ich nun schon, am liebsten brauche ich Schnee) Ansonsten wird auch dieses Foto am Ende über die genannten 10 Schritte umgesetzt.
Zurück zur Algarve: ich versuche, recht schnell in einem neuen Gebiet die Spots zu erkunden, damit ich eine bessere Entscheidungsgrundlage für die finale Fotosession habe.
10 Die finale Fotosession
Die Entscheidung, zu welchem der Prio-1-Spots (1,5,11,17,20 siehe Schritt 7) ich zunächst fahre, treffe ich zu Hause, wie auch auf Reisen, sehr kurzfristig. Auf Reisen ist es daher ideal, wenn ich am ersten Tag bereits bis Mittags vor Ort bin und ich bis zur Abendsession bereits 1-2 Spots erkunden konnte und ein Gefühl für die Landschaft habe. Das hat mit der Wettervorhersage zu tun.
Ich persönlich würde beispielsweise bei blauem Himmel eher mit längeren Brennweiten und Spiegelungen arbeiten und bei dramatischem Himmel eine imposante Feldlandschafts suchen. Siehe dazu auch mein in der Einleitung erwähnter Guide.So wähle ich kurzfristig aus, welchen (bereits erkundeten) Spot ich je nach Wetterlage und Tidenstand anfahre. Dank der Satellitenbilder ist eine Vorhersage etwa 4 Stunden vorher heutzutage schon ziemlich präzise.
Tatsächlich macht es Sinn, auch vor der eigentlichen Fotosession noch ein wenig Zeit einzuplanen. Im April würde es theoretisch genügen, wenn man in Portugal um 18.30 am Strand ist. Ich würde dennoch raten, gegen 17.30 aufzuschlagen.
Vor allem um sich nicht stressen zu müssen, und weil einem in der Praxis immer wieder ein unkalkulierbarer Faktor begegnet. Sei es der im Auto vergessene Filterhalter, ein kleiner Stau auf der Fahrtstrecke oder die Ebbe ist doch stärker als angenommen und plötzlich werden die avisierten Felsen gar nicht mehr mit Wasser umspült und man muss ich andere Vordergrundelemente suchen…und vieles mehr.
Und ab jetzt ist genug geplant. Nun heißt es über den Strand gehen, der Kreativität freien Lauf lassen und die Fotosession genießen 😃 Viel Spaß!
Ich habe zum Abschluss nochmal die Übersicht der Kapitel beigefügt und dabei ergänzt, wie lange ich ungefähr für die einzelnen Recherche-Schritte am Beispiel Algarve benötigen würde und komme mit meiner Erfahrung für eine solche Reise auf circa 4 Stunden:
Dabei ist nur eine Sache noch nicht inkludiert: die Recherche der Anreise – wo genau parke ich, wo muss ich lang gehen? Das mache ich i.d.R. vor den einzelnen Sessions, vor Ort.
Zum Ende des Artikels möchte ich wie oben angedeutet noch kurz auf Unterschiede in der Tier-und Pflanzenfotografie eingehen: Je nach Tier-oder Pflanzenart unterscheiden sich die 10 Schritte kaum bis gar nicht. Wenn ich beispielsweise Papageientaucher auf Island fotografieren möchte, kann ich genau so vorgehen und komme zum Erfolg (die Schritte 5 und 6 kann ich bei diesem Thema etwas verkürzen).
Das gilt aber natürlich nicht für seltenere oder scheue und sensible Arten, deren Standorte (aus gutem Grund!) nicht im Netz geteilt werden. In Bezug auf die oben genannten Kapitel wird dann die „Recherche“, also die Schritte 4-6, etwas anders aussehen.
Hier erkundet man einfach potenziell in Frage kommende Gebiete, fragt auch mal Ortskundige, beobachtet mit dem Fernglas etc., um an geeignete Stellen zu gelangen. Es ist dabei auch von Vorteil, wenn man sich zum Beispiel ein persönliches Netzwerk von Naturfotografen aufgebaut hat und sich mit diesen austauschen kann.
Ich hoffe, dieser Beitrag hat jetzt erstmal einen kleinen Einblick in die Welt der Planung einer Fotosession gegeben.
Ich wünsche euch einen schönen Tag!
Beste Grüße,
Thomas
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