Mit dem zweiten Teil meiner Winteransitz-Serie darf ich euch ein paar Momente zeigen, bei denen mein Wildlife-Fotografen-Herz deutlich höher schlug 😉 Und das in einem Winter, in dem ich eigentlich nichts Neues erwartete…
Wildlife-Serien kommen ohnehin meist unerwartet; eigentlich hatte ich für Februar geplant, mich einer -für mich- „neuen“ Uhu-Stelle in Bochum zu widmen, die ich mir im Dezember erstmalig angesehen hatte. Diese Eulen habe ich zwar sehr umfangreich in meinem Portfolio, jedoch fehlt mir noch die Phase des Winters bzw. der Balz.
Doch seit Ende Januar zeigte sich am Winteransitz eines Freundes plötzlich der Grauspecht regelmäßiger als üblich. Bereits im Dezember hatten wir an einem Tag Glück, allerdings schien das in meinen Augen eher ein absoluter Zufall gewesen zu sein, zumal ich ihn in den vergangenen drei Jahren nicht ein einziges Mal dort fotografieren konnte. In der sehr kalten Phase, zwischen Ende Januar und Ende Februar zeigte sich dieser Specht, genauer gesagt das Paar, regelmäßiger am Ansitz. Also entschied ich, an einer Serie über diese interessante Vogelart zu arbeiten.
Grauspechte verhalten sich in meinen Augen ein wenig wie eine „graue Eminenz“. In den vergangenen Jahren hörte ich sie oft, sah sie manchmal vorbei „zischen“, sie waren immer irgendwie präsent und doch hatte ich keine Chance auf ein Foto oder nahe Sichtung.
Diese Vogelart ist in Deutschland stark gefährdet und steht entsprechend auf der roten Liste. Ähnlich wie der häufigere Grünspecht ernähren sie sich als „Erdspechte“ am liebsten von Ameisen und deren Puppen. Der Specht ist recht groß; ab und zu sahen wir ihn neben einem Buntspecht oder Mittelspecht, letzter wirkte praktisch halb so groß.
Mich hat der Grauspecht auch wegen seiner Farbe fasziniert – diese wirkt bei schönem Licht ganz toll und changiert je nach Lichteinfall zwischen grün und gelb, wobei der obere Bürzel-Teil immer gelb wirkt.
Die Augenfarbe des Männchen ist ein kräftiges rot, wohingegen das Weibchen ein rosa-gefärbtes Auge hatte, was ich bisher nicht aus dem Tierreich kannte. Habe aber mal recherchiert und das scheint nicht immer der Fall zu sein – manchmal haben auch Männchen rosa Augen und Weibchen rote. Möglicherweise hängt das eher mit dem Alter oder anderen Faktoren zusammen.
Fotografisch waren viele Herausforderungen zu händeln:
- Erstens fliegt der Grauspecht im Gegensatz zu den anderen Specht-Arten lautlos an. Das führt dazu , dass man ihn häufig erst (zu) spät bemerkt. Beim Buntspecht zum Beispiel hört man sofort ob
und wohin er fliegt.
- Zweitens sind aber gerade die ersten 10 Sekunden nach Landung fotografisch besonders wichtig, da er dann öfter eine aufrechtere Körperhaltung annimmt und vor allem noch kein Futter am
Schnabel hat, was schnell unschön aussieht.
- Drittens kam er selten. An manchen Tagen gar nicht, und manchmal nur wenige Minuten in 4-5 Stunden. Auch die Uhrzeiten waren jedes Mal andere: mal nur morgens, mal nur mittags etc. Das
bedeutete auch, dass man meist nicht im besten Licht fotografieren konnte, zumal er sich in der ersten Stunde des Tages ohnehin super selten blicken ließ.
- Somit brauchte man tagsüber diffuses, aber auf jeden Fall helleres Licht, sonst wirken die Farben nicht und das Grün wirkt schnell „stumpf“ - mit direkter Sonne wiederum sahen die Bilder auch
unschön aus, da im Hintergrund der Wald einfache zu harte Kontraste bekommt. Hier musste ich insgesamt selektiv vorgehen und hatte den Specht auch einige Mal vor mir, ohne auszulösen, da die
Bedingungen nicht stimmten…
- Technisch war die Schärfentiefe auch eine große Herausforderung. Die Bilder sind fast alle mit 600mm am Vollformat entstanden (die restlichen mit 840mm) und der Abbildungsmaßstab macht zwar
schöne Details und ein gutes Bokeh sichtbar - jedoch führt er auch dazu, dass nur ein Bruchteil des Vogels scharf ist, sobald er den Schwanz grob Richtung Fotograf hält, oder eben in die
entgegengesetzte Richtung. Und das machen Spechte sehr gerne. Einmal konnte ich ihn sogar „durch-stacken“, aber das ist natürlich bei sich bewegenden Tieren weder praktikabel noch besonders
erfolgreich. Die Lösung lag einfach in der Anzahl der Sichtungen - nur ganz bestimmte Körperhaltungen waren geeignet, wenn man den überwiegenden Teil des Vogels sauber in der Schärfeebene haben
wollte. Auch dadurch ergab sich ein großer Ausschuss.
- Zu guter Letzt gab es ein „Problem“, das mir in 16 Jahren Vogelfotografie noch nie begegnet ist: auf dem oberen Rückengefieder der Grauspechte entstehen starke Moiré-Effekte. Das sieht man nicht in der Seitenansicht, sondern nur mit größerem Abbildungsmaßstab, wenn der Specht etwas eindreht und sein Rückengefieder in Teilen von oben zeigt. Diese Effekte zeigen sich bereits im Raw, bessern sich zwar mit den üblichen Tools (z.B. Moiré -Pinsel) ein wenig, gehen jedoch nicht vollständig weg. Im Druck spielt das interessanterweise kaum eine Rolle (habe eines testweise in 20x30 gedruckt), weshalb ich es auch bei diesem Bearbeitungsgrad habe gut sein lassen.
Wenn man außerhalb einer Ansitzhütte eine Serie erstellt, kann man stärker den Standort ändern und ganz unterschiedliche Licht- und Motivperspektiven mit diversen Brennweiten einfangen – diesbezüglich war man natürlich etwas eingeschränkt in einer Tarnhütte.
Allerdings ermöglichte die Tarnung und Stelle überhaupt erst diese Serie, da die „Grauen“ sehr scheu und selten sind - daher war mein Ziel diesmal auch eher, „das eine Foto“ einzufangen, bei dem Hintergrund, Ansitzast und Körperhaltung stimmten. Und für mich persönlich ist das auch gelungen und ich bin super happy 😊
Schön war dabei, dass junge Buchen die Eigenheit haben, ihre Blätter erst im Frühling abzustoßen – das heißt, man hatte bis zur ersten März-Woche eine Art „Herbst-Bokeh“ an dieser Stelle, da sich neben der Tarnhütte eine ca. 3-4 Meter hohe Buche befindet, die komplett orangene Blätter besitzt.
Mein riesen Dank gilt an der Stelle Wilhelm Waltermann für die Nutzung seiner Ansitzhütte und die schönen gemeinsamen Fotosessions; es hat unheimlich viel Spaß gemacht 🙏
Ich wünsche euch nun viel Spaß mit den Bildern!
Viele Grüße,
Thomas








Nun folgen meine persönlichen Lieblingsaufnahmen:



Ich hoffe, die Serie hat euch gefallen 😊 Nächste Woche gibt es schon den nächsten Artikel im Blog, mit ein paar Objektiv News, unter anderem einen Bericht über mein neues Objektiv, das Z600/6.3 PF…
Viele Grüße 👋