Ab und zu werden mir von Teilnehmenden meiner Fotoreisen die Fragen gestellt, welche größeren Tele-Objektive ich z.B. für Island empfehle und wie das Handling beim Transport im Flugzeug mit großen Linsen ausschaut. Auf diese beiden Fragen möchte ich heute in einem kurzen Artikel eingehen.
Das beschriebe Handling vor Ort ist abhängig vom genauen Ziel und den eigenen fotografischen Präferenzen. Ich nehme heute als Beispiel eine 2 wöchige Island-Rundreise im Sommer, wo man
überwiegend zu Landschaftsspots fährt, jedoch immer wieder mal schöne Tierbegegnungen hat und diese festhalten möchte. Eine solche Reise steht mir ohnehin in Kürze wieder bevor.
Ich persönlich reise teils sogar mit 2 großen Teleobjektiven, lasse diesen speziellen Aspekt aber heute mal außen vor.
A. Was kann ich mit einer „schweren“ Fotoausrüstung beim Transport im Flugzeug und der Logistik vor Ort beachten?
Ich fange bewusst mit dieser Frage an. Denn nach dem das geklärt ist, wird die zweite Frage nach meiner Brennweiten-Empfehlung schnell beantwortet sein. Dabei zeige ich die Vorgehensweise mit dem größten Teleobjektiv auf, einem 600/4. Wenn das klar ist, kann man alle anderen Szenarien -so denke ich- für den eigenen Bedarf ableiten.
Erstmal ein Grundgedanke dazu, auch wenn das regelmäßige Blogleser von mir bereits wissen: ich gehöre nicht zu den Fotografen, die gerne mit Superteleobjektiv, Weitwinkel, Standardzoom und Filtertasche ins Feld ziehen. Manche machen das. Mir persönlich ist das einfach gesagt viel zu schwer und dabei geht mir der Spaß flöten. Trotzdem habe ich in der Regel diese Objektive auf Reisen bei mir – wie mache ich es dann?
Ein paar Fakten vorab
Wirklich aufwendig ist hier nicht die Mitnahme und das Handling in den 2 Wochen vor Ort, auf das ich gleich eingehe. Sondern nur die paar Stunden bei Hin- und Rückflug, am „Nadelöhr Flughafen“.
Je nach Airline sind die Regelungen natürlich immer anders. Bei manchen Airlines kann ich sogar ein 2.Handgepäckstück mitnehmen oder hinzubuchen. Ich gehe aber heute den Standard-Fall durch, dass ich nur ein Handgepäckstück mitnehmen kann.
Selbst viele Spezial-Taschen, Rucksäcke und Koffer, die von Hersteller-Seite als flugtauglich deklariert werden, liegen in den Abmessungen auf irgendeiner Seite de facto häufig über den zulässigen Angaben. Die schwanken meist um 55 x 40 x 20 cm. Extreme Billigflieger gehe je nach Tarif auch mal darunter. Gerade die 20 cm kürzeste Seite sind dabei schwierig einzuhalten. Das Maximalgewicht liegt häufig bei 8 oder 10 kg, auch wieder von der Airline abhängig.
Theorie vs Praxis
Bei mir ist es so, dass ich mein ganzes Fotoequipment mittlerweile meist in einem Rucksack transportiere. Z.B. dem F-Stop Tilopa. Nun ist der aber in der Theorie etwas zu groß, wie so viele Rucksäcke die von FotografInnen mitgenommen werden. Mein Equipment liegt darin allerdings in einer dünnen separaten Tasche (einem sogenannten „ICU“) und dieses passt von den geforderten Daten in den Abmessungen.
Ich bin die letzten Jahre mehr als 30 mal mit einem sehr großen Tele geflogen, mit unterschiedlichen Airlines und hatte dahingehend nur einmal ein kleines Problem...
Auf dem Rückweg dieser Fotosession mit den tollen Rentiere der Arktis in 2023 war ein Flieger zu klein und nicht der versprochene Airbus A320. In das Handgepäckfach über dem Sitz passte der Tilopa nicht rein. Ich war nicht der einzige mit dem Problem und alle Passagiere wurden angewiesen, größere Handgepäckstücke zum Freigepäck zu geben.
Ich habe dann -und das würde ich auch jedem empfehlen- deutlich darauf hingewiesen, dass das nicht möglich ist, da mein Gepäck „im Wesentlichen aus Glas und vielen Lithium-Ionen-Akkus besteht“.
Danach war Ihnen klar, dass es in die Kabine muss (schon wegen der Brandgefahr bei den Akkus). Dort habe ich den ICU aus dem Rucksack genommen und dann passte er gut ins Handgepäckfach. Die
labbrige Rucksackhülle packte ich einfach daneben. In der Praxis kommt also in dieser Hinsicht nach meiner Erfahrung kein Problem auf. Soviel zu den Abmessungen.
Im Gewicht liege ich auf Flugreisen i.d.R. leicht über dem Limit. Sollte das jemals ein Thema sein, dann werde ich kleinere Objektive in meine Jacke stecken. Außerdem darf man laut
Gepäcksregelungen bei fast allen Airlines auch eine Kamera umhängen, die nicht zum Maximalgewicht des Handgepäcks hinzugerechnet wird. Für den Fall habe ich immer zur Not ein
Peakdesign-Kameragurt dabei. Dieses Szenario kam aber noch nie zum Einsatz.
Am Ende bleibt immer ein (ich finde eher theoretisches) Restrisiko, wenn man leicht "drüber" liegt. Die finale Entscheidung liegt bei der Crew des Flugzeuges. ABER in den letzten 16 Jahren ist mir nur ein Fall bekannt, wo jemand richtig Schwierigkeiten hatte (aufgrund Maximalgewicht). Und selbst in diesem Fall endete es darin, dass nach vielen Diskussionen das Fotoequipment mit in die Kabine kam.
Wie ich genau packe
Ok, die Ausrüstung kommt also mit. Dafür packe ich 3 Dinge ein:
1. Den Rucksack mit ICU für die Technik: doch auch der ist nicht wirklich groß. Deshalb möchte ich kurz beschreiben, wie ich packe. So sah das ICU zum Beispiel bei meiner letzte Island-Rundreise das Equipment im Flieger aus:
Daran kann man schonmal folgendes erkennen:
- Ich packe alles, was nicht aus teurer Elektrotechnik besteht, oder aus Glas-Linsen oder Lithium-Ionen-Akkus (die müssen ohnehin ins Handgepäck) in das Freigepäck, also in den großen Koffer. Auch die große Geli des Superteles, die ich mit Socken etc vollgestopft in den Koffer lege. Übrigens liegen die Akkus rechts unter dem Tele in einer kleinen Tasche
- Das schließt auch das typische Zubehör ein: die Filtertasche (ja auch mit Glasfiltern), Filterhalter, Stirnlampen, Fernauslöser, Akkuladegeräte, Datentransferkabel, das Stativ samt Kopf…kommt alles in den Koffer. Selbst den Ersatzfuß vom 600er schraube ich manchmal für den Flug ab, je nach dem wie eng es ist
- Auf dem Bild sieht man übrigens das Nikon Z14-24, Z24-120, Plena 135, 2x Nikon Z8 und das Nikon Z600 TC-S
2. Einen robusten Stoffbeutel
Habe immer einen solchen Beutel dabei. Der war bisher von jeder Fluggesellschaft zusätzlich zum normalen Handgepäckstück erlaubt, mit denen ich die letzten Jahre geflogen bin (Icelandair, Eurowings, SAS, Norwegian Airlines, etc). Bei vielen Airlines gilt das auch für kleinere Taschen mit Reißverschluss, aber ich nehme zur Sicherheit diese unauffälligere Variante – das sieht dann ungefähr so aus:
Also ein einfacher, unauffälliger und günstiger Stoffbeutel. Darin habe ich
- Mein Notebook samt Maus und Ladegerät
- Meine Noise-Cancelling Kopfhörer
- Kleine Festplatten-Tasche (die findet oft auch im Rucksack Platz)
- Essen & Kleinkram….
Mir ist noch nicht untergekommen, dass irgendwer nach Inhalt oder Gewicht des Beutels gefragt hat.
3. Einen leeren ICU in den großen Koffer:
Davon habe ich gerade kein Bild zur Hand, aber ich denke es wird sich jeder vorstellen können, wie das aussieht und das ich dieses ICU dann ganz normal mit Klamotten etc vollpacke. Warum, das erkläre ich im nächsten Abschnitt.
Das Handling vor Ort
Am Zielort angekommen, genauer gesagt im Hotel, ist das erste was ich mache: Umpacken!
- Raus mit dem schweren Tele!
- Ich flansche einen der beiden Bodies an das 600er und lege die Kombo in den mitgebrachten leeren ICU
- Den eigentlichen Technik-ICU (im Rucksack) befülle ich jetzt mit Filtertasche etc so, dass es für die Landschaftsfotografie passt
Auf unseren Ausflügen habe ich dann also nur einen normalen Rucksack mit Landschaftsobjektiven mit und die große Linse habe ich im separaten ICU im Auto liegen. Für alle Fälle habe ich hierfür eine Foto-Versicherung der Aktivas, die auch Diebstahl aus dem Auto in vollem Umfang abdeckt (dieses ist über die Außenversicherung der normalen Hausratversicherung meist begrenzt). Hatte aber in Sachen Diebstahl noch nie Probleme im Norden.
In der Praxis ist man dann für 95% aller Fälle gut gerüstet, und man muss die große Linse nicht unnötig „mitschleppen“. Es gibt meist nur 3 Varianten:
- Wir gehen zu einem Spot wo die Notwendigkeit einer großen Telelinse zu 99% wirklich unrealistisch ist (z.B. Gulfoss, Vestrahorn, Namafjall etc.). Ich lasse das Tele dann natürlich im Hotel oder Auto, je nachdem wo wir noch vorbei fahren.
- Wir sehen auf der Fahrt / am Fahrbahnrand eine tolle Wildlife-Foto-Option (zum Beispiel Rentiere, Polarfüchse, etc) – ich ziehe das 600er samt vor-eingestellter Kamera aus dem ICU und fotografiere praktisch neben dem Auto. Kommt regelmäßig vor. Auch hier muss ich nichts schleppen.
- Wir machen Ausflüge an Stellen, wo wir gezielt Tierkolonien besuchen (Papageitaucher, Seeschwalben, Odinshühnchen etc): dann nehme ich nur die große Linse mit und vielleicht noch eine kleine Linse und lasse alles andere im Hotel oder im Auto.
B. Welche größeren Tele-Objektive ich z.B. für Island empfehle
Kommen wir also zum zweiten Part der ursprünglichen Frage zurück: aufgrund des oben beschrieben Vorgehens brauch man überhaupt keine Sorgen zu haben, ob zum Beispiel ein 150-600er zu groß für den Transport ist, wenn ich das locker mit einem 600/4 schaffe 😉 Das Nadelöhr ist nur der Flughafen und das klappt mit der beschrieben Vorgehensweise gut. Und alles rumschleppen muss ich wie beschrieben auch nicht vor Ort.
Daher empfehle ich -vor allem im Sommer- für Island ganz klar ein großes Tele: für das Vollformat sind 300 mm gut, 400 besser, 600 mm Brennweite ideal. Es muss ja nicht Blende 4 sein. Nicht nur bei den Papageitauchern - auch für Robben, Seeschwalben, Rentiere, Eissturmvögel, Kragenenten, Singschwäne, Prachttaucher, Odinshühnchen, Polarfüchse, Goldregenpfeifer etc. ist das von Vorteil.
Ich hoffe, ich habe nun einige Bedenken oder Fragen ausräumen können 😉
Viele Grüße,
Thomas